Allein unter vielen? Nachbarn engagieren sich gegen Einsamkeit

Einsamkeit ist ein wachsendes Problem in Deutschland. Die bundesweite Forsa-Umfrage im Auftrag der AOK Rheinland/Hamburg zeigt: Über die Hälfte der BürgerInnen hält es für möglich, dass Menschen in ihrer Nachbarschaft vereinsamen, ohne dass es jemand bemerkt. Zum Glück gibt es Nachbarschaften, die sich gegen die Einsamkeit engagieren.

Immer mehr Deutsche sind einsam – das gilt für alle Altersgruppen, besonders aber für alleinstehende ältere Menschen. Einsamkeit erzeugt Streß und kann daher krank machen. Wissenschaftler warnen sogar vor einem erhöhten Sterberisiko für einsame Menschen.

Einsamkeit kann jeden treffen

Nach wie vor sind es vor allem die Älteren, die unter sozialer Isolation leiden. Doch auch immer mehr jüngere Menschen sind betroffen. Problematisch wird es, wenn sie alleine leben oder nicht auf ein Netzwerk aus Freunden und Bekannten zurückgreifen können. Regelmäßige Umzüge wegen Studium oder Beruf gehören für junge Menschen zum Alltag. Jedes Mal Familie und Freunde hinter sich zu lassen, das tut weh und macht einsam.

Forsa-Umfrage zeigt: Menschen sorgen sich um einsame Nachbarn

Die Deutschen sind sich dieser Gefahr bewusst. Im Rahmen der Forsa-Erhebung für die AOK wurden 2.509 Menschen im Bundesgebiet befragt. 55 Prozent sind der Ansicht, dass Menschen in ihrer Nachbarschaft unbemerkt vereinsamen können. Jüngere zwischen 14 und 29 Jahren halten das für sehr viel wahrscheinlicher als Ältere ab 60 Jahren. (80 % zu 55 %). Zudem wird die Gefahr der Vereinsamung von Städtern höher eingeschätzt als von Bewohnern kleiner Gemeinden. Unter anderem ist dies auf Nachbarschaftsnetzwerke zurückzuführen, die auf dem Land traditionell enger geflochten sind als in den Städten.

Nachbarn helfen Nachbarn

Was aber kann man tun gegen die zunehmende Vereinsamung? Digitale Medien machen es heute leichter, Kontakt zur fernen Familie zu halten. „Aber Menschen sehnen sich nach vertrauensvollen Kontakten im nahen Wohnumfeld. Für sie sind Nachbarn Ersthelfer und direkte Ansprechpartner“, sagt Erdtrud Mühlens, Gründerin des bundesweiten Netzwerk Nachbarschaft. Doch vor allem in großen Städten mit hoher Mobilität kann es passieren, dass sich viele selbst im eigenen Haus fremd sind. Viele Anwohner ergreifen daher selbst die Initiative, um den Austausch untereinander zu fördern und einer Vereinsamung gezielt entgegenzuwirken. Zwar hat Corona die Begegnungen erschwert, dennoch kann Wolfgang Suer von der Machbarschaft Wandsbek-Hinschenfeld der Situation etwas Positives abgewinnen: „Wir haben festgestellt, dass die Hilfsbereitschaft unter Nachbarn ganz erheblich angestiegen ist. Da sind viele neue Kontakte entstanden, zum Beispiel durch Einkaufsdienste. Und die bestehen immer noch. Allein das Gefühl, dass jemand sich interessiert und Hilfe anbietet, das hilft auch gegen Einsamkeit".