Nachbarschaft schützt vor Einsamkeit

„Ein solidarisches und aufmerksames Miteinander im Wohnumfeld trägt erheblich dazu bei, Menschen ein gesundes Leben zu ermöglichen“, sagt Dr. med. Peter Uebel, Facharzt für Innere Medizin. Er ist Jurymitglied für den AOK-Förderpreis „Gesunde Nachbarschaften“.

Herr Dr. Uebel, Sie sind neben Ihrem freiwilligen Engagement bei den „Street Docs“ noch in einigen weiteren Ausschüssen und Vereinen. Was bedeutet speziell die Nachbarschaftshilfe für Sie?

Gerade heute gewinnt das unterstützende Miteinander im Wohnumfeld noch einmal stark an Bedeutung. Das haben nicht zuletzt auch die Erfahrungen in der Corona-Zeit deutlich gezeigt. Organisierte Nachbarschaftshilfe kann dazu beitragen, die Selbständigkeit und Lebensqualität der BewohnerInnen zu erhalten. Und das betrifft nicht nur die Älteren! Speziell im Krankheitsfall oder verschiedenen Notsituationen des Alltags ist es oft die Nachbarschaftshilfe, die das soziale Netz bildet, das Betroffene in der Krise auffängt. Dieses Netz sollte auch denen etwas geben, die es halten – von wertvollen persönlichen Erfahrungen bis zu der Freude, sich als hilfreich und ggfs. unentbehrlich zu erleben.

Worin sehen Sie die größte Herausforderung für freiwillig Helfende?

Ganz unabhängig davon, ob die Hilfe in der Nachbarschaft oder im privaten Umfeld geleistet wird – es ist enorm wichtig, dabei auf die eigenen Grenzen zu achten. Das ist gar nicht so einfach, wenn zum Beispiel aktuell niemand anders verfügbar scheint, der eine unterstützende Aufgabe übernehmen kann. Dennoch muss die eigene Gesundheit immer im Blick behalten werden. Werden die eigenen Grenzen nicht gewahrt, kann das zu Erschöpfung und schlimmstenfalls zum Burnout führen.

Was raten Sie den engagierten Freiwilligen?

Zunächst einmal: in sich hineinzuhören, wenn es um die Verteilung von Aufgaben geht. Ist das eine Aufgabe, die mir Freude bereitet? Habe ich die Kraft dafür? Und wenn Zweifel bestehen – sich an andere wenden. Seien es dahinterstehende Institutionen oder auch die Menschen drumherum. Und hier kommt für mich auch wieder die Nachbarschaft ins Spiel. Den Mut zu haben, auch einmal „Nein“ zu sagen, wenn es zu viel wird, ist sicher nicht immer einfach. Doch es trägt erheblich dazu bei, dass das Gemeinschaftsprojekt gelingt.